Share This Article
Der Herbstwind
Plötzlich, rasch, als habe er was umgestoßen,
Hat nächtens er sich über uns ergossen,
Und pfiff um die Hütte herum,
So wirr und so krumm.
Er brauste auf und legte sich.
Weiter wusste er wohl nicht…
Wir lauschen ihm… Jetzt hat er sich zum Berg gesellt.
Jetzt weht er ziellos übers Feld.
Dunkel glüht
In stiller Hütt‘
Das Lämplein. Der Most rinnt
In den Trog. Es quietscht das Gewind‘.
Der Balken presst mit aller Kraft
den Rebensaft.
Aufstehen sollt‘ ich,
Den Most in den Bottich
Ausschütten, so müd‘ ich auch bin…
Ein Bisschen noch, gleich ist er drin,
Er rinnt grad so schön aus dem Lauf…
Gezirp aus der Ferne,
Der Ofen gibt wärme…
Gleich schreckt uns der Wind wieder auf.
Mondschein
Glühend ging auf er, blutig und rot,
Und hängt überm nachtkahlen Wald,
Ein wölkendes Grün streckt am Himmel sich aus,
Hinterm Berg ist verschwunden er bald.
Von irgendwoher tat die Kund‘ uns ereilen,
Entschwand wieder tief in der Nacht…
Wir wissen nicht… wollte er bei uns verweilen?
Und sagte dann weinend: Gut‘ Nacht…
Man sagt, ist der Mond einmal blutig und rot,
Dann gehe der Sensenmann um…
Seht hin, wie er blickt durch das Grün, wie der Tod,
Und hängt überm Walde so stumm…
Der Kastanienbaum
Du rauschst, alter Freund, und ich frage: Wozu?
Spät ist’s, ja gehst du denn gar nicht zur Ruh?
„Ich beobachte dich schon seit langem und klär‘:
So ein kluger Kopf, der hat es doch schwer!“
Du treibst mit mir Spott, anders kann es nicht sein.
Tu es nur ruhig: Bin ja völlig allein.
Ich treib keinen Spott, betracht‘ dich auf Dauer,
Kenn deine Gedanken und auch deine Trauer.“
„Ich bin doch nicht traurig, was sollt‘ ich’s auch sein?
Bin stets guter Laune, das kommt wohl vom Wein.
„Und was geschieht morgen? Was kommt danach?
Diesem goldenen Ort weinst dann Tränen du nach.“
Wie? Das Morgen fällt doch nicht ins Gewicht.
Kann einfach nicht weinen, mehr sag ich nicht.
„Dann sag mir, wo wir schon zusammen hocken,
Tut dieses Land dich denn gar nicht locken?“
Ich kann nicht zurück, selbst wenn ich es wollt‘,
Ein anderes Leben hat mich zu sich geholt.
„Aber hier ist das Leben so süß und so schön,
Selbst wenn du’s vergisst, was solltest du geh’n.“
In diesen Gefilden kenn ich nur meinen Schmerz,
Drum liegt hier begraben zur Hälfte mein Herz.
„Du kennst doch die Alten, die hier warn daheim,
Nach fröhlicher Arbeit sich labten am Wein!“
Die sind doch schon tot, auf dem Friedhof begraben,
statt ihnen tun andre am Frohsinn sich laben.“
„Du kennst doch den Himmel, kennst seine Sterne,
Kennst dieses Land, das dich ruft aus der Ferne!“
Zu stark tat ich doch mich an all dieses binden,
Drum kann ich heut auch keinen Heimweg mehr finden.
„Komm doch zu uns, s’ist nicht alles dahin.
Die Blüte der Jugend wird rot für dich blüh’n.“
Gute Nacht dir, mein Alter! Es schläft Jung und Alt.
Nur’s Mondlicht noch leuchtet am Weg stumm und kalt.
Schwarz-weiß
Schwarz-weiß… schwarz-weiß
Singt es in den Reben,
Trauben wird es geben…
Schwarz weiß…
Wenn der Abend dämmert,
Sie ihr Liedlein trällert,
Fröhlich, alt und fein,
Passt auch gut zum Wein:
Schwarz-weiß…
In herbstlicher Stille
Lauschen wir der Grille
Schon drei Abend‘ lang…
Schwarz-weiß…
Wissend, zweifelsohne,
Dass des Sommers Krone
Wie im Traum verklang…
Schwarz-weiß
Der Spiegel
Tiefe, graue Fläche birgt geheime Macht.
Tausende von Strahlen darin sich entfalten.
Sonne, Nacht und Dunkel wollen in ihr walten:
Tief im glatten Rätsel Schönheitsglut erwacht.
Oft litt meine Stirn, auf grauen Glanz bedacht,
Schon an diesem Glas, wie in Eisen gehalten.
Bittre Pein lässt lebend Herzensblut erkalten,
Jeder Blick zieht hier seinen Preis in Betracht.
Wurmstichiger Schatten am ebenen Grunde,
Und prächtiger Himmel lächelnder Schein.
Das Lärmen der Hölle und des Heilands Wunde,
Aller Anfang und Ende und all unser Sein.
Alles vergeht, wie durch Wunder geborgen,
Und spricht im Geheimen, im Letzten verborgen.
Abenddämmerung
Durch weite Flur geh ich allein,
Versengt sind alle Felder,
Und schläfrig alle Wälder,
Muss rascher noch am Ziele sein…
Dort, wo der Berg sein Grün enthüllt,
In schwülem Mondeslichte
In grauer Wolkendichte,
Im All-Nichts sich mein Glück erfüllt.
Noch dieses Feld, noch dieser Wald,
Weiß nicht, ob ich’s bestehe,
Drum gehe ich und gehe,
Mein Weg ist lang, ich mach nicht halt.
Die Nacht ist finster, mir ist bang,
Angst hinter jedem Baume,
Doch zieht mich wie im Traume
Mein starker Wunsch am Rain entlang –
Von droben, aus des All-Nichts‘ Nest,
Da reichet aus der Ferne
Wie ruhigere Sterne
Der Schlaf die Hand mir durchs Geäst.
An meinen Vater
Dir will ich all meine Gedichte geben,
Dies allerschönste, einzige Geschenk,
Das Dir nur zusteht, ewig eingedenk
Der letzten Blüte heimatlicher Reben.
Du redetest mir ständig ins Gewissen,
Im Weinberg nur sei unsres Lebens Glück,
Und niemals mehr kehrt es zu uns zurück;
Wir suchen es – was können wir schon wissen?
Vor unserer Hütte pflückte ich gerne
Manch Blume und machte sie zum Gedicht,
Der goldenen Sterne goldenes Licht
Besahen wir beide aus einsamer Ferne.
Verstehen wirst Du die vertraute Kunde,
Ich weiß, dein Herz wird leiden schwere Pein,
Du bist, wie ich, so unendlich allein,
Mit mir zusammen harrst Du alter Stunde.
Abend auf See
Verschwunden die Stadt, vor Augen nur ein Traum
Von Elfenbein und purpur-gold’ner Wärme.
Unser Schiff umkreisen Möwenschwärme.
Und weiß zittert unten der Meereschschaum.
Es dunkelt schon. Dort glänzen die Pupillen
Des Wächters dieses Wassers, aufgerissen
Wie‘s Tor zur See, wir wollen Segel hissen
Und treiben auf den Flügeln unsres Willens.
Dass segeln wir mögen in grenzlosem Raume,
Wo weder sich Ende, noch Morgengrau‘n zeigen,
Ringsum Nachtgesang, nur Wellen, mon’dne Kühle!
Und dann immer weiter. In die große Stille.
Seltener die Sterne, schwindend wie im Traume.
Schließlich aber nichts mehr. Nur des Meeres Schweigen!
(aus dem Kroatischen und Kroatisch-Kajkavischen umgedichtet von Boris Perić)